Rezension Junk Art

Blumenvasen, Hanteln, löchrige Bretter – Damit soll man spielen können? Ja, man kann! Vergesst Jenga und Make’n‘ Break, hier kommt Junk Art!
Wir sind Künstler und bauen aus Müll Skulpturen, um möglichst Viele mit unserer Kunst zu begeistern und zahlreiche neue Fans zu gewinnen. Dabei soll das Kunstwerk aber um Himmels Willen nicht umstürzen!

Was ist drin?
Bereits die Holzbox und deren Gestaltung wissen auf den ersten Blick zu beeindrucken. Ein Inlay, in dem alle Teile ihren festen Platz haben, ist mittlerweile eher eine Seltenheit. Pretzel Games hat Junk Art eines spendiert. Und dazu gibt es auch noch Anleitungen in Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch. Leider gibt es ein kleines Manko: Der Holzdeckel lässt sich teilweise nicht einschieben, da er in der Mitte leicht durchgebogen ist. Kleiner Tipp: Ein Streifen Klebeband in der Mitte des Deckels kann helfen.

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie funktioniert Junk Art nun?
Zu Spielbeginn werden alle Holzbauteile in die Mitte des Tisches gelegt. Insgesamt sind 15 verschiedene Teile enthalten, die es in vier Farben gibt. Außerdem werden die 60 Karten bereitgelegt, die je eines der Schrottteile abbilden. Jeder Spieler bekommt einen kleinen Holzsockel, auf dem die Skulpturen errichtet werden. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass die Qualität der Holzteile nicht schlecht, aber durchaus steigerungsfähig ist. Beim Spielen fiel uns mehrfach auf, dass Teile, die eigentlich hätte aufeinanderpassen müssen, durch unsaubere Verarbeitung dies eben nicht taten. Das ist manchmal ärgerlich.


Bevor wir unsere Weltreise antreten, in deren Verlauf wir drei Städte besuchen werden und an denen wir unsere Kunstwerke errichten können, müssen wir drei Stadtkarten ziehen.  Jede Stadt hat ihre Besonderheiten und bestimmt sowohl die Anzahl der Mitspieler, den Spielablauf und die Siegbedingungen. Hier ist auch schon der große Unterschied zu anderen Aufbauspielen. Natürlich bleibt das Grundprinzip dasselbe, aber der eigentliche Spielablauf variiert von Partie zu Partie. Obwohl die Stadtkarten verschiedene Symbole aufweisen, die die Spielbedingungen dieser Runde ausweisen, ist ein Blick in die Spielanleitung leider unabdingbar. Die Symbolik ist nicht immer eindeutig. Das kann manchmal nerven.


Die Stadtkarten legen zum Beispiel fest, dass man entweder an seiner eigenen Statue baut oder gemeinsam an einer Skulptur arbeitet. Ein wirklicher Spaßgarant ist der Besuch in der Stadt Montréal. Hier rückt jeder Spieler reihum einen Platz weiter, sodass man immer an einem anderen Kunstwerk seine künstlerischen und, nicht zu vergessen, feinmotorischen Fähigkeiten unter Beweis stellen muss. Wenn man dann Schrotteile an seine Mitspieler vergibt, die das Kunstwerk alles andere als stabil erscheinen lassen, sollte man nicht vergessen, dass man vielleicht auch bald wieder an eben dieser Skulptur sitzen könnte. Diese Variante gefiel in bisherigen Runden am besten, da hier auch ein gewisses Taktieren und Einschätzen der feinmotorischen Fähigkeiten der Gegner notwendig sind.
Außerdem wird dem Spieler durch die ausgewählte Stadt vorgeschrieben, wie er zu den Schrottteilen kommt, die er für seine Kunst nutzen kann. Mal werden die zugehörigen Karten zufällig aufgedeckt, mal bekommt man diese von einem Mitspieler zugelost. Witzig ist die Zockervariante von Amsterdam: Auf jeder Karte sind zusätzlich Zahlen von 1 bis 15 aufgedruckt. Verdeckt legt jeder Spieler eine seiner drei vorher gezogenen Teilekarten ab. Dann werden diese aufgedeckt. Derjenige, der die höchste Zahl ausgelegt hat, darf entscheiden, welcher Spieler welche der ausgelegten Karten bekommt und damit das Schrottteil, das in der Skulptur verbaut werden muss. Die Interaktion zwischen den Spielern hängt also davon ab, welche Stadtkarten im Spiel sind. In bisherigen Runden konnte über ein Zuwenig an Kommunikation zumindest nicht geklagt werden, und wenn man sich auch nur  über die zugespielten Karten beim Mitspieler beschwert.
Jeder Spieler ist natürlich darauf bedacht, seine Schrottteile sicher in der Skulptur zu verbauen. Oft ist die Siegbedingung, dabei ein besonders hohes Kunstwerk zu errichten. Da ist es natürlich extrem ärgerlich, wenn ein Mitspieler darüber entscheidet, welches Teil einem zugelost wird. Das wird in der Regel eines sein, das sich besonders schwer sicher im Kunstwerk unterbringen lässt. Wer einmal versucht hat, drei Kugeln bei insgesamt fünf Bauteilen sicher auf einem Sockel von 35×35 mm zu verbauen, weiß, wovon ich rede. An dieser Stelle kann man schon ein bisschen frustriert sein, wenn man immer nur ungünstig zu verbauende Teile bekommt. Da es aber drei verschiedene Runden und damit drei verschiedene Skulpturen gibt, ist ein schlechter Lauf zu verschmerzen.
Das Ende einer Städtereise wird ebenfalls unterschiedlich eingeläutet. Zusammengestürzte Skulpturen lassen Spieler in der Regel ausscheiden. Leider ist es oft so, dass ein Fehler meist ausreicht, um die Höchstzahl der erlaubten Bauteile herunterstürzen zu lassen. Da die Runden mit 10 bis 15 Minuten Dauer eher kurzweilig sind, ist ein Ausscheiden und Warten auf die nächste Runde aber unproblematisch. Vor allem, da man spielbedingt eher erst im letzten Drittel der Runde ausscheidet.
Die unterschiedlichen Stadtkarten und damit die Varianz in Spiel- und Siegbedingungen machen das Spiel durchaus abwechslungsreich.

Das Fazit
„Nur weil du am Tisch gewackelt hast, hab ich verloren!“ Sowas hört man selten am Spieletisch. Bei Junk Art spielt eine ruhige Hand, und ein ruhiger Tisch, eine große Rolle. Der Glücksfaktor ist ebenfalls nicht ganz unbedeutend, etwas wichtiger ist jedoch eine gute Auge-Hand-Koordination.
Wer gerne etwas zum Anfassen hat, Spiele liebt, die mehr als nur Hirnschmalz fordern, der wird Junk Art lieben. Junk Art kommt gut an bei Spielern, die gern auch mal ihre Geschicklichkeit und nicht nur Köpfchen in Spielen zeigen wollen. Auch Familien werden Freude daran haben. Diejenigen, die allerdings wenig mit Geschicklichkeitsspielen wie Jenga und Make’n‘ Break, anfangen können, sondern lieber abstrakte Spiele über stundenlange Runden zocken möchten, sind hier falsch.

 

positiv negativ
Holzteile Verarbeitung der Holzteile
Interaktion zwischen den Spielern
abwechslungsreiche Spielmodi
kurzweilige Runden